Kanada, Europa und der Leoprint im Kleiderschrank

🌍 Ein Umweltdialog zwischen Kanada und Europa: 

Über Bienen auf dem Balkon und wie der Leoprint dank einer kanadischen Sängerin in europäische Kleiderschränke kam.

Es ist Juni, offiziell Earth Month. Und während in meiner derzeitigen Wahlheimat Kanada die ersten Glühwürmchen fliegen, frage ich mich: Wie grün sind wir eigentlich wirklich geworden? Ein kleiner Realitätscheck zwischen zwei Kontinenten.

Welche Politik braucht das Klima? Zwischen Green Deal, CO-Preis und Biodiversität

Wer die Debatten rund um Klimapolitik, Luftqualität oder Artenschutz verfolgt, ist manchmal überfordert: Die Instrumente sind vielfältig, die Fortschritte unterschiedlich – dennoch ist das Ziel dasselbe. Kanada und Europa verfolgen ambitionierte Strategien für eine nachhaltige Transformation. Was wurde bisher erreicht? Und was können wir voneinander lernen?

CO2-Politik Europa vs. Kanada, Net-Zero Strategien im internationalen Vergleich

2019 setzte die EU-Kommission unter Leitung von Ursula von der Leyen eine Klima-Gesamtstrategie fest: Den European Green Deal. Die Elemente des Green Deals wurden dann durch umsetzbare Zielvorgaben versehen, die sich beispielsweise in Reformpaketen wie dem „Fit für 55“-Paket finden, welches die Zielvorgaben für Industrie, Verkehr und Kraftstoffe konkretisiert hat.
Übergeordnetes Ziel: Treibhausgase um mindestens 55 % bis 2030 reduzieren. Diese politische Steuerung umfasst nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Länder wie Schweden, die Niederlande und Dänemark liegen in Sachen Emissionsreduktion durch erneuerbare Energien sehr weit vorne und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die europäischen Emissionen seit 1990 um 37% reduziert wurden. 37% in 35 Jahren. Fehlen nun noch 13% in 5 Jahren. Andere europäische Länder, darunter das Weimarer Dreieck mit Frankreich, Deutschland und Polen, vernachlässigen aktuell die Klimapolitik und konzentrieren sich auf wirtschaftliche Sicherheit. Aber auch letztere wird von Klimarisiken beeinflusst.

 Verbote versus Anreize

Kanada nutzt vor allem finanzielle Anreize in der Klimapolitik. Premierminister Mark Carney will die Besteuerung von Benzin für Privatpersonen abschaffen und mit Initiativen wie den Förderprogrammen der Canada Greener Homes Grant Haushalte motivieren, in Energieeffizienz zu investieren. Für Unternehmen existiert ein CO-Bepreisungssystem über Zertifikate. Emissionsintensivere Unternehmen können sich also freikaufen. Um eine Lenkungsrichtung in hin zu nachhaltigem Wirtschaften zu geben, wird Carney den CO2 Preis pro Tonne deutlich erhöhen – von aktuell 59$ pro Tonne auf 170$ pro Tonne CO2.

Auch der Ausbau erneuerbare Energien und durch Wasserkraftwerke, Solarenergie- und Windprojekte machen Kanada einen attraktiven Standort. Insbesondere für produzierende Unternehmen. Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Keramikunternehmen Duravit, das in Matane (eine Stadt in Québec) eine Produktion aufgebaut hat und - verglichen zu einem herkömmlichen Gas-Brennofen.- mit einem elektrischen Keramikrollofen 8.500 Tonnen CO2 pro Jahr einspart 

Das Ergebnis der bisherigen kanadischen Klimapolitik: Laut aktuellem National Inventory Report sind Kanadas Emissionen auf dem niedrigsten Stand seit 27 Jahren. Besonders in der Methanregulierung der Öl- und Gasindustrie gab es deutliche Fortschritte – bei gleichzeitiger Wirtschaftsexpansion.

 

🌬️ Luftqualität: Paris als Vorbild, Kanada mit Potenzial

Während Kanada mit ambitionierten Programmen punktet, liegt das Land beim Luftqualitäts-Ranking (Climate Change Performance Index, CCPI) dennoch weit hinten: Platz 62 von 67. Gründe dafür sind unter anderem die Zunahme von Waldbränden durch Hitzewellen, die hohe Autodichte und fehlende öffentliche Verkehrsinfrastruktur und schwache Anbindung im ländlichen Raum.

Europa zeigt hierbei im Durchschnitt gute Ranking mit Dänemark als Top-Performer im CCPI-Index (Platz 4 von 67). Ein positives Beispiel dafür, was konsequente Verkehrspolitik bewirken kann, ist die Stadt Paris. Seit 2014 hat Bürgermeisterin Anne Hidalgo autofreie Zonen eingeführt, Radwege ausgebaut und öffentliche Verkehrsmittel gestärkt. Die Folge: Stickstoffoxide und Feinstaubwerte sanken um 50% und damit reduzierten sich auch deutlich die Gesundheitsrisiken.

 🌱 Biodiversität beginnt auf unserem Balkon

Kanada besitzt riesige, ökologisch wertvolle Flächen, doch auch hier ist der Verlust an Artenvielfalt eine drängende Herausforderung. Trotz bestehender Schutzgebiete geraten Lebensräume zunehmend unter Druck – etwa durch wirtschaftliche Interessen an Küsten und Meereszonen.

Auch Europa steht vor ähnlichen Problemen: Intensive Landwirtschaft, Urbanisierung und Flächenverbrauch bedrohen viele heimische Arten. Mit dem Nature Restoration Law strebt die EU an, bis 2030 mindestens 30 % der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen (hierzu empfehle ich das Interview mit Moorwissenschaftlerin Ann Christin Kornelsen- Link). 

Biodiversität betrifft uns schon am Frühstückstisch. Durch das Verschwinden von Bestäuberinsekten wie Bienen, fallen ökonomische relevante Bestäubungsleistungen aus und reduzieren unsere Ernten in der Landwirtschaft. Gedankennotiz: Wird es in Zukunft Drohnen-Biene Majas geben? Und was würden Flip und Willi dazu sagen?

Einfacher als Drohnen ist ein Verzicht auf Rasenmähen und ein Wachsen lassen von Wildblumen auf unserem Balkon. Ein antiautoritärer Garten gegen Bienenverlust und für mehr Entspannung bei autokratischer Weltenlage. Klingt gut. Revolution beginnt auf dem Balkon!

  🌊 Meeresschutz: Zwischen globalem Anspruch und nationalen Interessen

Auch im Meeresschutz kann Kanada was - und in Europa können wir noch was tun. 

Kanada hat 2024 mit dem Schutzgebiet des unaussprechbaren „Tang.ɢ̱wan – ačx̱ wiqak Tsig̱is ein wichtiges Signal gesetzt und die Meereschutzfläche um 15% erweitert, um Kaltwasserkorallen und Glasschwammriffe (versuch das Wort mal auszusprechen) stärker zu schützen. Dennoch gibt es ungeschützte Gebiete um Labrador und Neufundland, in denen Öl- und Gasindustrie Bohrungen anstreben.

Um insbesondere die Ökosysteme der Korallen zu schützen und zu erforschen, hat die Organisation Under The Planet aktuell eine Initiative veröffentlicht, die jeder unterschreiben kann. Hier ein Link

Was geht in Europa?

Europa brachte bei der UN-Ozeankonferenz 2025 in Nizza eine Interessenvertretung für den Meeresschutz auf den Weg. Hier versammelten sich Zivilgesellschaft, Forschung und Unternehmen, um die Klimapolitik gegenüber der europäischen Kommission zu bekräftigen. Fabienne McLellan, Geschäftsführerin der Organisation OceanCare, erstellte hierfür einen 6-Punkte-Aktionsplan und eine Petition, die jeder einzelne unterschreiben kann (Link.) 

Eine Herausforderung und Interessenkonflikt finden wir im CETA-Handelsabkommen.

Hier gibt es eine Vereinbarung, die den Umweltschutzmaßnahmen beeinträchtigen kann. Das Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) kann Investoren ermöglichen, gegen Umweltschutz zu klagen, wenn dieser ihre Investitionen hemmt.

Kanadische Country-Queen in europäischen Kleiderschränken

Erinnert ihr euch noch ans das wochenendliche Musik-Charts gucken (beziehungsweise hören) auf MTV oder VIVA?

1999 wurde die kanadische Sängerin Shania Twain im Musikvideo zu „That Don’t Impress Me Much“ ein Amerika und Europa berühmt. Nicht nur, weil sie – vor Taylor Swift und Harry Styles- Country Musik mit Pop und damit auch Cowboy-Boots mit Glitzer mixte.

Nein, sie hat bewusst übertrieben - und zwar mit einem auffälligen Leoprint-Anzug (tierfrei). Der LeoPrint galt bei Frauen oft als „zu auffällig“ oder „zu wild“ und „zu exotisch“. Dabei wurde es in der Antike von Herrschern und Königen getragen. In den 30ern gelang das Muster in die Pop Kultur - und landete auf dem Mantel von Marylin Monroe. In den 60ern ermächtigten sich Hippies und Feministinnen mit dem wilden Muster und zeigten damit Systemrebellion. Und Shania Twain? Trug das Muster in ihrem Musikvido mit Stolz – als Königin, die sich nicht so leicht (von Brad Pitt) beeindrucken lässt.

Hat dir der Artikel gefallen? Du willst eine Überraschunggeschichte zu einem bestimmten Mode-Piece oder willst zu einem bestimmten Themenbereich mehr über nachhaltige Transformation lernen? 

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